App macht Klosterhafen erlebbar

Jazz am Kloster gestalteten Christoph Schöpsdau (l.) und seine Band Wonderland. Dazu wurde die App über die Geschichte des Zullestein präsentiert. © Zelinger

Jazz am Kloster

Lorsch.Vor zwei Jahren ließ die Stiftung Weltkulturdenkmal Kloster Lorsch die Lorscher Reihe Jazz am Kloster wiederaufleben. Jedes Jahr am Tag des offenen Denkmals ist eine regionale Band zu hören. Diesmal entführte der aus Lorsch stammende Pianist und Komponist Christoph Schöpsdau mit seiner Crew die Zuhörer ins „Wonderland“.
Bei Flammkuchen, Getränken und bestem Spätsommerwetter standen ausschließlich Kompositionen von Stevie Wonder auf dem Programm, darunter vor allem die Hits der 1970er-Jahre von „You Are the Sunshine of My Life“ bis „I Wish“. In dem Hit aus dem Jahr 1976 verarbeitete der 1950 als Frühgeburt auf die Welt gekommene Stevie Wonder, der schon als wenige Tage alter Säugling erblindete, glückliche Erinnerungen an die Kindheit.
Die einprägsamen Soulmelodien wurden von Schöpsdau kreativ ins Jazzige transformiert und mit Alexander Holz (Bass), Jens Biehl (Drums) und Thomas Bachmann (Saxofon) publikumswirksam umgesetzt. Und woran bei Stevie Wonder kein Weg vorbeigeht: Eine markante Stimme war auch dabei. Die aus Südafrika stammende Sängerin Jeanine du Plessis überzeugte mit einem weichen, vollen Timbre. Es gab auch heute weniger häufig Gespieltes, etwa „Visions“ aus dem 1972 erschienenen Album „Innervisions“. Der „Wonderland“-Jazz-Tribute an den Meister schloss mit einem Hit als vom Publikum mit Nachdruck eingeforderter Zugabe – mit „Superstition“, einer unwiderstehlich funkigen Kritik am Aberglauben.

Koperationen gepflegt

Jazz am Kloster gehört zu den Aktivitäten, mit denen die Stiftung das Weltkulturdenkmal Kloster Lorsch in seiner historischen und kulturellen Dimension einer breiten Öffentlichkeit näher bringen möchte. Zu diesem Zweck werden auch Projekte der Museumspädagogik gefördert sowie Kooperationen gepflegt. Im Fokus stehen dazu Aktivitäten, die die gesamteuropäische Bedeutung der Welterbestätte unterstreichen,
Es gibt internationale Partnerschaften mit Klöstern in Armenien und der Schweiz. Und es wurde ein zweijährlich auszuschreibender Stiftungswettbewerb konzipiert. Der Preis wurde im vergangenen Jahr zum ersten Mal vergeben. Die Aufgabe lautete: Innovative Vermittlung des Welterbe-Gedankens. Prämiert wurde dabei das Projekt der Kulturjournalistin Eva Bambach aus Bensheim. Ihre Idee: die Entwicklung einer Smartphone-App, die sich mit dem ehemaligen Hafen des Klosters Lorsch am Rhein beschäftigt. Mit dem Preisgeld von 5000 Euro wurde die Umsetzung des Projekts möglich. Nun liegt die Android-App „Das Murmeln der Geschichte im Zullestein“ vor, die bei Jazz am Kloster vorgestellt wurde. „Die App macht einen lang in Vergessenheit geratenen historischen Ort des Weltkulturerbes Kloster Lorsch für die Besucher auf neue und innovative Weise erfahrbar“, so Karl Härter, Vorstandsvorsitzender der Stiftung.

Bedeutender Hafen von Lorsch

Der auch unter dem Namen Burg Stein bekannte Zullestein liegt in der Nähe der Gemeinde Nordheim, unweit des ehemaligen Atomkraftwerks Biblis an der Mündung der Weschnitz in den Rhein. Der Zullestein war einst der bedeutende Hafen des Klosters Lorsch. In der Römerzeit befand sich dort ein befestigter Stützpunkt der Flotte zur Rheinverteidigung und bis zum Dreißigjährigen Krieg diente die später errichtete Burg Stein der Landesverteidigung. Schließlich wurde sie vergessen und verfiel.
Als in den 1950er-Jahren auf dem Gelände Öl gefördert wurde, geschah das unwissentlich genau auf den römischen und mittelalterlichen Ruinen. Erst in den 1970er-Jahren wurde der historische Ort wieder ausgegraben.

Die neue App macht die wechselvolle Geschichte des Zullesteins unmittelbar am Ort erlebbar: Auf dem Smartphone installiert weist sie den Weg zur Burg Stein und wird dort per GPS aktiviert. Der Besucher kann Audiosequenzen mit Spielszenen aus der Geschichte abrufen, die im direkten Bezug zu den Örtlichkeiten stehen: Lorscher Klosterwein wird am Hafen verladen; auf den Schanzen erklingt der Kanonendonner des Dreißigjährigen Krieges.

Die App will kein abfragbares Wissen vermitteln, sondern vor allem ein Staunen darüber, was an einem scheinbar so abgelegenen Ort über die Jahrhunderte los war. Die Spielszenen sind fiktiv, beruhen aber auf historischen Quellen. Die App kann auf der Homepage der Stiftung: http://www.stiftung-kloster-lorsch.org kostenlos heruntergeladen werden.

Ein Wermutstropfen: Wegen Dammbauarbeiten ist der offizielle Radweg, der am Zullestein vorbeiführt, auf Monate gesperrt. Mit einer guten Karte lassen sich alternative Routen über Wald- und Feldwege erschließen. eba

© Bergsträßer Anzeiger, Mittwoch, 12.09.2018